January 24, 2023

Gendern, aber wie? Optionen für die Markensprache

Genderstern, Doppelpunkt, Unterstrich, Doppelnennung – die Möglichkeiten in einem Text zu gendern sind fast so divers, wie die Menschen, die einbezogen werden. Weil Mitmeinen heute nicht genug ist, müssen sich auch Unternehmen mit dem Gendern auseinandersetzen. Hier zeigen wir dir, warum Festland den Stern mag und wie Google mit Genderstern & Co. umgeht.

Gendern: Die Qual der Wahl

Als Mitglied des Gislerprotokolls, das sich für die facettenreiche Repräsentation der Geschlechter in Kommunikation, Marketing und Werbung einsetzt, ist eine gendergerechte, inklusive Sprache für uns ein Muss. Eine allgemein gültige Regel ist jedoch noch in weiter Ferne. Denn es gibt viele Möglichkeiten: von der Verwendung der weiblichen und männlichen Form, über den Doppelpunkt oder den Genderstern bis hin zu weniger verbreiteten Formen wie dem Unterstrich.

Wir haben drei Festländer*innen, die alle täglich schreiben, um ihre Meinung zum Thema gebeten.

Doppelnennung und genderneutrale Formulierungen

«Eine inkludierende Sprache braucht nicht unbedingt ein Genderzeichen. Man kann zum Beispiel beide Geschlechter erwähnen («Liebe Leserinnen und Leser») – wobei hier non-binäre Personen ausgeschlossen werden, ganz zu schweigen von den Wiederholungen, die die Sätze lang und umständlich machen. Die Königsdisziplin (König*innendisziplin?) ist, direkt genderneutral zu schreiben: «Alle, die…», «Studierende / Teilnehmende / Praktizierende», «unser Beratungsteam», «die Anwesenden». Worauf aber getrost verzichtet werden kann, sind das generische Maskulinum und/oder ein Hinweis, dass im Fall alle Geschlechter gemeint sind.»

Christian Sidow, Text

Doppelpunkt

«Der Doppelpunkt als Sonderzeichen macht aus mehreren Gründen Sinn. Er ist dezent und unterbricht den Lesefluss weniger stark als beispielsweise der Genderstern. Die Texte sind so weiterhin leicht lesbar. Auch wird der Doppelpunkt von Screen-Readern für Sehbehinderte als kurze Pause gelesen. Der Text ist also auch in gesprochener Sprache inklusiv. Das sind vermutlich auch die Gründe, weshalb viele Zeitungen und andere Medien, die sich für ein Genderzeichen entschieden haben, eher auf den Doppelpunkt als auf Alternativen wie Stern, Unterstrich oder Schrägstrich setzen.»

Elena Neff, Enabler

Genderstern

Genderstern
«Gendern ist ein Muss – und darf ein Markenzeichen sein. Und der Stern setzt das stärkste Zeichen. Er ist typografisch ebenso schön wie unübersehbar. Auch ist er wirklich inklusiv, weil er non-binäre Personen nicht ausschliesst. Das sind die Motive, weshalb Festland in der eigenen Kommunikation auf den Genderstern setzt.»

Marco Casile, Strategie

Wie Google mit Genderzeichen umgeht

Wie in Texten fürs Web gegendert wird, hat nicht nur mit Ästhetik und Usability zu tun. Auch die Performance im Google-Index muss berücksichtigt werden. Doch wie geht der Google-Algorithmus mit Genderzeichen um? Eine eindeutige Antwort gibt es nicht, da Google englisch geprägt ist und dort die Problematik nicht gegeben ist. Ausserdem ist der Algorithmus nicht öffentlich verfügbar. In letzter Zeit haben sich aber drei Entwicklungen herauskristallisiert:

Männliche Formen haben am meisten Suchvolumen, gegendert sucht fast niemand

Die User*innen suchen deutlicher häufiger nach der männlichen Bezeichnung, sowohl bei traditionell männlichen Berufen wie «Arzt» wie auch bei deutlich weiblich dominierten Berufen wie «Floristin». Mit Genderstern oder Doppelpunkt suchen User*innen fast nie. Es gibt deshalb auch deutlich mehr Suchergebnisse für männliche Formulierungen als für weibliche.

Der Google Suchalgorithmus ist (noch) nicht auf genderneutrale Sprache ausgerichtet

Wohl auch aus diesem Grund sind Websites primär auf die männliche Bezeichnung optimiert. Dazu kommt, dass der Google Algorithmus genderneutrale Begriffe (noch) nicht besser bewertet als das generische Maskulin. Auch erkennt Google in der Suchanfrage (noch) nicht alle Gender-Zeichen als solche. Der Stern ist zum Beispiel ein Platzhalter. Lehrer*in wird als «Lehrer Platzhalter in» und somit als männlich interpretiert. Andere Zeichen wie der Unterstrich führen zu einer rein weiblichen Interpretation des Begriffs. Der Algorithmus lernt jedoch dazu, wenn sich das Sprachverhalten der User*innen entwickelt. Es ist also anzunehmen, dass mit der Zeit genderneutrale Begriffe und Formulierungen vermehrt in den Suchergebnissen auftauchen und besser ranken werden.

Diverse Sprache ist schon heute wertvoll

Obwohl der Algorithmus noch nicht auf genderneutrale Sprache ausgerichtet ist, lohnt sich eine diverse Sprache schon heute. Erstens fühlen sich so alle User*innen angesprochen. Zweitens ist deine Seite damit bereits jetzt für alle Geschlechter indexiert. Achtgeben musst du auf die Begriffs- und Zeichenwahl. Es lohnt sich, weibliche und männliche Formen (« Kundinnen und Kunden»), genderneutrale («Kundschaft») sowie gegenderte Begriffe («Kund*innen» / «Kund:innen») zu mischen. Mit dem Genderstern werden Begriffe als männlich und divers indexiert, mit dem Doppelpunkt sogar als männlich, weiblich und divers.